Chemische Synthese per Knopfdruck

In vielen chemischen Labors werden tagt?glich routinem?ssig chemische Synthesen durchgef¨¹hrt, die viel Zeit ben?tigen. Das ETH Spin-off Synple Chem will das mit einem Ger?t vereinfachen, das fast so einfach zu verwenden ist wie eine Kapsel-Kaffeemaschine.

Bild eines Labors. Links im Vordergrund hängen Laborkittel. Im Bildmittelpunkt eine kleine Maschine, die zwischen zwei Menschen steht.
Benedikt Wanner (links) und Guillaume Coin mit der kompakten Maschine, die chemische Synthesen per Knopfdruck erm?glicht.   (Bild: ETH Z¨¹rich / Daniel Winkler)

Es ist schon eine Weile her, seit in Kemptthal bei Winterthur Suppenw¨¹rfel hergestellt wurden. Auf dem weitl?ufigen Gel?nde der ehemaligen Maggi-Fabrik haben sich inzwischen zahlreiche Jungunternehmen eingenistet, die ¨C ?hnlich wie damals Julius Maggi ¨C mit ihren Produkten die Welt erobern wollen.

Auch Benedikt Wanner hat sich mit seinem ETH Spin-off Synple Chem vor gut anderthalb Jahren hier niedergelassen. Direkt ¨¹ber einer kleinen Schokoladenfabrik hat er Labor- und B¨¹ror?ume gemietet, in denen das Synple Team ihre Produkte weiterentwickeln, neue Ger?te zusammenbauen und bereits verkaufte Maschinen warten k?nnen.

Der Wechsel vom ETH-Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg, wo Wanner in der Anfangsphase der Firmengr¨¹ndung noch arbeiten konnte, nach Kemptthal sei fast wie das Ausziehen bei den Eltern als junger Student gewesen: ?Man verl?sst das bekannte, bequeme Zuhause und muss sich pl?tzlich um vieles selber k¨¹mmern?, meint er. ?Es war eine harte Zeit, aber unter dem Strich doch eine positive Erfahrung, denn wir haben durch den Wechsel neue Freiheiten gewonnen.?

Muss Chemie so kompliziert sein?

Wanner hat sein Doktorat bei Jeff Bode, ETH-Professor f¨¹r organische Chemie, gemacht. ?Wir haben damals eine chemische Synthesereaktion entwickelt, die sehr leistungsf?hig, aber auch zeitaufw?ndig und kompliziert ist und die zudem den Einsatz von giftigen Substanzen erfordert?, erinnert sich Wanner. ?Deshalb war sie bei den Forschenden nicht besonders beliebt.?

Zwei Männer in diskutieren in einem Labor.
Guillaume Coin (links) und Benedikt Wanner im Gespr?ch im Labor ihres ETH-Spin-offs Synple Chem. (Bild: ETH Z¨¹rich / Daniel Winkler)

Warum nur muss Chemie so kompliziert sein, fragte sich Wanner. Zusammen mit Bode ¨¹berlegte er, wie man typische chemische Routineaufgaben automatisieren k?nnte. Die Synthese einer neuen Substanz, so die Idee, sollte idealerweise so einfach sein wie das Herstellen eines Kapsel-Kaffees: Kapsel einlegen, Knopf dr¨¹cken, fertig.

Tats?chlich werden heute in der pharmazeutischen Forschung routinem?ssig bestimmte Reaktionen eingesetzt, die immer gleich ablaufen. K?nnte man diese Routineaufgaben automatisieren, w¨¹rde das viel Zeit sparen ¨C und es w¨¹rde die Arbeit insbesondere dann erleichtern, wenn man giftige Substanzen einsetzen muss, deren Handhabung viel Sorgfalt erfordert.

Ein paar Handgriffe reichen

Genau ein solches Kapsel-Syntheseger?t bietet Synple Chem nun an. In einem ersten Schritt gibt man zun?chst in einem Beh?lter das gew¨¹nschte Ausgangsprodukt in die Maschine. Danach setzt man je nach gew¨¹nschter Synthese eine vierteilige Kartusche ein, welche die ben?tigten zus?tzlichen Reagenzien enth?lt. Durch Antippen von Buttons auf dem Display startet man die Reaktion und ¨¹berl?sst danach der Maschine f¨¹r die n?chsten zwei, drei Stunden die Arbeit.

Ganz so simpel wie Kaffeemachen sei die Sache zwar nicht, r?umt Wanner ein, weil man f¨¹r eine chemische Synthese ja nicht nur Wasser und Kaffeepulver brauche. In der Regel m¨¹ssen mehrere Substanzen in einer klar definierten Abfolge zugegeben werden. Aber insgesamt l?sst sich die Maschine doch bemerkenswert einfach bedienen.

Benedikt Wanner
?Kein Investor h?tte mir aufgrund der urspr¨¹nglichen Versuchsanlage Geld gegeben.?
Benedikt Wanner
Benedikt Wanner, Mitgr¨¹nder von Synple Chem

Pioneer Fellowship als Schl¨¹sselfaktor

Vergleicht man das heutige Ger?t mit dem ersten Prototyp, der immer noch auf der Webseite der Firma zu sehen ist, wird offensichtlich, dass Wanner mit seinem inzwischen rund zehnk?pfigen Team seit der Firmengr¨¹ndung 2016 grosse Fortschritte erzielt hat. ?Ohne das Pioneer Fellowship der ETH Z¨¹rich h?tte ich diesen Weg allerdings nie und nimmer gehen k?nnen?, h?lt Wanner fest. ?Kein Investor h?tte mir aufgrund der urspr¨¹nglichen Versuchsanlage Geld gegeben.?

Insgesamt zw?lf verschiedene Synthesen kann die Firma heute als pfannenfertige Produkte anbieten. ?Unser Ziel ist es, die Palette jedes Jahr um ein, zwei neue Reaktionen zu erweitern?, erkl?rt Guillaume Coin, der im Rahmen eines Projekts der Schweizerischen Agentur f¨¹r Innovationsf?rderung (Innosuisse) als Forschungsleiter f¨¹r das ETH Spin-off t?tig ist. Wanner ist ¨¹berzeugt, dass sich der Ansatz auf dem Markt durchsetzen wird. ?Unsere Vision ist, dass k¨¹nftig in jedem Chemielabor eine solche Maschine stehen wird?, skizziert er seine Ausbaupl?ne.

Der Vorteil des Ger?tes sei, dass Chemikerinnen und Chemiker, welche diese Routinearbeiten bisher ausgef¨¹hrt haben, entlastet werden. In dieser Zeit k?nnen sie andere Aufgaben erledigen. Dass die Betroffenen im ersten Moment die Bef¨¹rchtung haben, ihnen w¨¹rde die Arbeit weggenommen, kann Wanner nachvollziehen. ?Doch wenn wir hierzulande mit Billiglohnl?ndern mithalten wollen, m¨¹ssen wir effizienter werden?, ist er ¨¹berzeugt. ?Deshalb glaube ich nicht, dass wir mit unserem Produkt Arbeitspl?tze gef?hrden.?

Das Potenzial voll aussch?pfen

Wanner hat mit seiner Idee bereits verschiedene Business-Wettbewerbe gewonnen und konnte 2019 kurz vor dem Ausbruch der Corona-Krise weitere Investoren ins Boot holen. Demn?chst steht f¨¹r das junge Unternehmen die n?chste Finanzierungsrunde an. Damit sollen die weiteren Ausbauschritte finanziert werden. ?Wir m?chten unsere Ger?te mit chemischen Datenbanken verkn¨¹pfen, so dass die Benutzer:innen einfacher nach neuen Substanzen suchen k?nnen?, erkl?rt Coin. Und Wanner erg?nzt: ?Da unsere Ger?te ¨¹berall gleich funktionieren und die Reagenzien die gleiche Zusammensetzung haben, lassen sich die Daten aus verschiedenen Labors einfacher miteinander vergleichen und mit den Informationen aus bestehenden Datenbanken abgleichen. Auch das hilft, die Suche nach neuen Substanzen weiter zu optimieren und Medikamente zu tieferen Kosten zu entwickeln.?

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